Gemeinsam gegen Hörbarrieren!

Gemeinsam gegen Hörbarrieren – Bündnis von Hörgeschädigten-Verbänden in Deutschland stellt Forderungen auf!

Senden. In Deutschland leben mehrere Millionen Menschen mit einer Hörschädigung. Eine Hörschädigung ist eine auf den ersten Blick nicht sichtbare Behinderung. Daher wird sie oft übersehen, wenn es um Teilhabe und Inklusion geht. Dies mag auch an der weit verbreiteten Auffassung liegen, dass Menschen mit einer Hörhilfe (z.B. Hörgerät oder Cochlea-Implantat) weitgehend „normal“ hören können – ein Irrglaube, der es Betroffenen schwer macht, ihre Bedarfe an Barrierefreiheit glaubhaft zu vertreten.

Um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, hat die Deutsche Cochlea Implantat Gesellschaft e. V. ein breites Bündnis mit anderen Verbänden und Vereinen aus der Hörgeschädigten-Szene geschlossen und anlässlich des 15. Deutschen CI-Tages die Aktion „Gemeinsam gegen Hörbarrieren“ ins Leben gerufen.

So zeigte sich in einer von Mitgliedern der DCIG durchgeführten, nicht repräsentativen, Umfrage in öffentlichen Behörden (z.B. Bürgerbüros, KfZ-Zulassungsstellen, Rathäusern etc., n=74), dass die Probleme bereits am Empfangsschalter beginnen: Mehr als 80 Prozent hatten entweder verglaste Tresen ohne Gegensprechanlage oder einfach offene Schalter, die bei Umgebungsgeräuschen für hörgeschädigte Menschen eine oft unüberwindbare Hürde darstellen. Weiter geht es im Wartebereich: Aufrufe, die rein akustisch – schlimmstenfalls sogar über einen Lautsprecher – erfolgen, sind für die meisten hörgeschädigten Menschen nicht verständlich, da das Mundbild als Unterstützungshilfe fehlt.

Hörbarrieren gibt es dann auch bei der Bearbeitung von Anliegen, die mehrheitlich in Großraumbüros ohne Trennwände (44%) oder in Büros mit Mehrfachbelegung (27%) erfolgt.

Bei Hinweisschildern zu Barrierefreiheit in Behörden wird besonders deutlich, dass Hörbehinderungen oft nicht mitgedacht werden: Lediglich 2% der befragten Behörden gaben an, dass es Hinweise für hörbehinderte Besucher gebe.

Dies alles zeigt deutlich, dass eine Sensibilisierung für die Belange von Hörgeschädigten fehlt und Hörbarrieren selbst bei Bemühungen um Barrierefreiheit oft bestehen bleiben.

Zudem ergab eine weitere, nicht repräsentative, Umfrage des Cochlea Implantat Verband Nord (n=170), dass etwa zwei Drittel der Befragten unzufrieden oder sehr unzufrieden sind mit der Kommunikationssituation in Bahn und Flugzeug und rund die Hälfte hat schon sehr oft oder oft eine Kontaktaufnahme vermieden, weil sie eine Hörbarriere fürchteten. Weitere Situationen, in denen klassische Hörbarrieren auftreten sind: Telefonieren (allzu häufig sind Terminvereinbarungen nur telefonisch möglich), fehlende Untertitel im Fernsehen, keine Schriftdolmetschung bei Veranstaltungen, rein akustische Aufrufe in Wartezimmern, Alarm-Signale, die nicht nach dem Zwei-Sinne-Prinzip erfolgen (d.h. nur akustisch und nicht auch optisch), Videokonferenzen, in denen Teilnehmer mit schlechtem Internet ihre Kamera ausgeschaltet lassen (und so das Mundbild nicht mehr sichtbar ist) und viele weitere.

Ein Online-Talk am 11. Juni rundete die Kampagne „Gemeinsam gegen Hörbarrieren“ ab. Bei diesem Talk ging es unter anderem um die Fragen, warum Menschen mit Hörhilfen denn immer noch schlecht hören, wie Räume akustisch gestaltet sein müssten, damit angenehmes Verstehen möglich ist und zu guter Letzt gab es noch eine live-Präsentation der zukünftigen Notruf-App „nora“. Mithilfe der nora-App können auch hörgeschädigte Menschen, die nicht telefonieren können, einen Notruf absetzen. Ein Mitschnitt des Online-Talks ist auf dem YouTube-Kanal der DCIG unter https://www.youtube.com/watch?v=Fe_ZELNyp6o zu finden.

Da das Thema Hörbarrierefreiheit mit dem Ende der Kampagne selbstverständlich nicht erledigt ist, richtet das Bündnis der Hörgeschädigten-Verbänden gemeinsam einen Appell an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und ruft dazu auf, konsequent das Zwei-Sinne-Prinzip anzuwenden, bestehende Hörbarrieren abzubauen und auf eine gute Hörversorgung hinzuarbeiten. Dieser kann auf der Webseite der DCIG unter https://dcig.de/politische-arbeit/appell/ eingesehen werden.

 

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