Barrierefreier Notruf für Hörbehinderte: DCIG begrüßt offizielle Einführung der App "nora"

 

Die bundesweite Notruf-App "nora" wurde diese Woche Dienstag (28. September 2021) von nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul offiziell vorgestellt. Ab sofort ist die App in fünfzehn von sechzen Bundesländern nutzbar. Die DCIG war bei der Vorstellung mit vor Ort.

Düsseldorf/Senden. Die Deutsche Cochlea Implantat Gesellschaft e. V. (DCIG) begrüßt die Einführung der Notruf-App ausdrücklich. Mit „nora“ ist es nun auch hörbehinderten Menschen möglich, in einer brenzligen Situation einen Notruf abzusetzen und Hilfe anzufordern. „Dies ist ein großer Meilenstein und baut Hörbarrieren ab“, so Annalea Schröder, politische Referentin der DCIG. „Für viele hörbehinderte Menschen stellt telefonieren trotz Hörhilfen, wie beispielsweise Cochlea-Implantaten oder Hörgeräten und technischem Zubehör, eine große Herausforderung dar. Das betrifft insbesondere Personen, die auf das unterstützende Mundbild angewiesen sind. Eine Notsituation ist eine besondere Stresssituation, welche das Hören und Verstehen zusätzlich erschwert“, erklärt Schröder.

Dass der Start der App laut Innenminister Herbert Reul nur ein erster Schritt sei und die App in den kommenden Jahren stetig weiterentwickelt werden solle, nahm die DCIG dabei zustimmend zur Kenntnis. Schröder und weitere Mitglieder der DCIG hatten im Vorfeld an der Entwicklung der App als Testpersonen mitgewirkt und Feedback für die Nutzung aus Sicht hörbehinderter Menschen gegeben.

App baut Barrieren für sinnesbehinderte Menschen ab

Bisher gab es für hörbehinderte Menschen kaum eine Möglichkeit, ohne Barrieren einen Notruf abzusetzen. Zur Verfügung standen bisher nur Notruf-Faxe oder – für gebärdensprachkompetente Hörbehinderte – der Dolmetschdienst TESS-Relay. Da aber auch viele lautsprachlich orientierte Hörbehinderte nicht telefonieren können und ein Faxgerät unterwegs nicht zur Stelle ist, wird mit der offiziellen Notruf-App nun eine Lücke geschlossen. Minister Reul betonte: „Ein barrierefreier Notruf ist enorm wichtig für die Teilhabe und das Sicherheitsempfinden jeder und jedes Einzelnen in unserem Land.“

Nora richtet sich in erster Linie an Menschen, die aufgrund einer Hör- oder Sprachbehinderung nicht oder nicht gut telefonieren können. Jedoch sei nora grundsätzlich eine App für alle Menschen in Deutschland, so Reul weiter.

Um die App zu nutzen, ist einmalig eine Registrierung und Angabe der Mobilfunknummer notwendig. Zusätzlich können auf freiwilliger Basis weitere Informationen zur eigenen Person hinterlegt werden (Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen und eine Behinderung). Für hörbehinderte Nutzer besonders relevant: Sie können in der App vermerken, ob sie am Telefon sprechen können oder nicht.

Keine verbale Kommunikation notwendig für den Notuf

Die App ist so aufgebaut, dass ein Notruf abgesetzt werden kann, ohne dass gesprochen werden muss. Es müssen maximal fünf Fragen beantwortet werden, die schriftlich auf dem Bildschirm erscheinen (u.a. Ort des Notfalls, Art des Notfalls, Verletzte und weitere Angaben). Dabei helfen Symbole und leichte Sprache. Bevor der Notruf final gesendet wird, gibt es eine Zusammenfassung der Angaben, bei der auch die Angaben zur eigenen Person angezeigt und noch einmal korrigiert werden können. Der Notruf geht dann bei der Leitstelle ein, die wiederum den Notruf per Chat bestätigt und Bescheid gibt, dass Hilfe unterwegs ist. Über den Chat kann die hilfesuchende Person zudem in den weiteren Austausch mit der Leitstelle treten. 

In besonders brenzligen Situationen, in denen der Notruf unbemerkt bleiben soll, kann auch ein so genannter stiller Notruf abgesetzt werden. In diesem Fall sendet die Leitstelle Hilfe an den angegebenen Ort, es wird aber keine Reaktion über die App geben, damit nicht in einem ungünstigen Moment eine Push-Nachricht auf dem Handy aufblinkt.

Die Geschäfts- und Koordinierungsstelle Notruf-App-System des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen organisiert alle Belange rund um die Notruf-App stellvertretend für alle Bundesländer. In Berlin verzögert sich der Start aufgrund administrativer Probleme noch etwas. Die technische Entwicklung und Umsetzung sowie der Anwender-Support wird von der Firma bevuta IT GmbH durchgeführt.

Hier gibt es die Pressemitteilung als pdf.